Irrtum 08:

 

 

 

 

 

"Probieren ist nicht auswählen. Probieren können Sie immer nur eines. Vergleichen und beurteilen Sie zuerst verschiedene Produkte verschiedener Hersteller direkt nebeneinander."

Kissen und Matratzen finde ich durch Probeschlafen

 

Beim Liegen und Schlafen geht es schlussendlich immer darum, ein Produkt zu finden, mit dem man zufrieden ist. Also scheint es naheliegend, diese einfach auszuprobieren. Leider finden damit aber viele Kunden nicht das optimale, sondern nur das erstbeste Produkt.

Wie bei Matratzen und Unterfederungen ist das Angebot an Kissen unüberschaubar gross und es ist schwierig, sich darin zurechtzufinden. Ein wahrer Kissendschungel. Das Verkaufspersonal, die Kunden und die Hersteller, alle möchten es einfacher haben. Deshalb beschränkt sich das Angebot fürs Ausprobieren von Kissen meistens nur auf eine Marke oder auf ein Produkt. Umfassende Beratung findet keine statt. Der Beratungsaufwand wird sogar noch zusätzlich reduziert, da Drogerien, Therapeuten und Arztpraxen gar keine Liegemöglichkeit anbieten und die Kissen somit nicht direkt miteinander verglichen werden können. Sie werden nicht durch den Kopf ausgewählt, sondern mit der Hand. Ich kann es ja zu Hause testen. Bei einer seriösen Kissenberatung sollte der Kunde auf einem Bett, das seinem eigenen möglichst ähnlich ist, Kissen verschiedener Marken und aus unterschiedlichsten Materialen vergleichen und das jenige auswählen können, das physiologisch am besten passt. Erst dann lohnt es sich, den Prozess des Angewöhnens zu beginnen. Für eine erfolgreiche Kissenwahl sind folgende Punkte entscheidend:

Form: Das Kissen muss in allen Schlaflagen für die individuelle Schulter-, Hals- und Kopfform eine ausreichende, aber nicht übertrieben starke Stützung bieten. Das Einsinken der Schulter in die Liegefläche spielt bei der Wahl des passenden Kissens ebenfalls eine Rolle. Eine ungenügende Formanpassung durch die Matratze oder das Bettsystem kann mit dem Kissen nicht kompensiert werden. Das ideale Kissen sollte sich von der Festigkeit her für verschiedene Schlafpositionen eignen und je nach Bedarf höhenverstellbar sein.

Komfort: Die Druckentlastung sollte so gut sein, dass auch langes Liegen angenehm und ohne Lageveränderung möglich ist. Die natürlichen kleinen Bewegungen der Hals- und Kopfpartie sollten aber nicht durch träge, bewegungseinschränkende Materialien erschwert, sondern durch schnellreagierende, weich elastischegefördert werden. Durch ein kurzes Drückenauf das Kissen erkennen wir sofort, wie schnell oder träge es reagiert.

Klima: An unserem Hals befinden sich sehr viele Wärmerezeptoren. Dies erklärt, weshalb es viele Menschen als angenehm empfinden, einen Schal oder hohen Kragen zu tragen. Die Materialien von Kissen sind daher in Bezug auf Wärme- und Feuchtigkeitsregulation besonders sorgfältig auszuwählen. Wärmeelastische Viscoschäume und synthetische Kissenbezüge, die oft für Kissen verwendeten werden, sind in diesem Punkt den Naturmaterialien deutlich unterlegen. Heute werden auch Formkissen aus Naturkautschuk angeboten, welche mit Bezügen aus Naturmaterial ein tadelloses Kissenklima bieten.

Material: Der starke Wunsch nach Naturmaterialien hat auch bei Kissen schon zu einigen Fehlkäufen geführt, denn nicht jedes klimatisch gute Material eignet sich auch als Kissenfüllung. Wichtige Eigenschaften sind nämlich auch Stützfunktion und Druckentlastung. Schurwolle beispielsweise ist diesbezüglich nicht ideal, da sie zum Verfilzen neigt, rasch Höhe verliert und schlecht individuell gedrückt und geformt werden  kann. Arvenholzspäne wiederum brechen durch die Benutzungin immer kleinere Teilchen oder sind zu grob und aus diesem Grund nicht elastisch. 

Persönliche Überzeugung: Sie müssen von einem Kissenüberzeugt sein. Wissenschaftlich spricht man vom Placebo- (positiv) oder Noceboeffekt (negativ). Wenn Sie von der beruhigenden Wirkung des Arvenholzes überzeugt sind, dann stört Sie das Geräusch oder die anderen Eigenschaften kaum. Wenn Sie das Geräusch oder den Geschmack eines Materials ablehnen oder Sie damit etwas Negatives assoziieren, kann es noch so gute Eigenschaften haben, es wird Sie nicht zufriedenstellen. Fragen Sie sich deshalb genau und ganz bewusst:

Was bin ich gewohnt? Welches Material sagt mir zu? Mit welcher Höhe des Kissens fühle ich mich wohl? Zu welchen Kompromissen bin ich bereit? Wovon bin ich überzeugt?

Probieren geht über Studieren?Auch bei Matratzen ist die Gefahr gross, durch Probeschlafen nicht die Passendste, sondern nur die Erstbeste zu finden. Wenn Matratzen übers Telefon, auf Werbefahrten, von Drogerien und Therapeuten, in Gesprächenoder Prospekten oder von Verkaufsstellen, welche nur eine Marke vertreten (sogenannte Monoshops) ohne Beratung und Auswahlmöglichkeiten einfach zur Probe angeboten werden, dann fehlen dem Interessenten wichtige Vergleichsmöglichkeiten und die grundsätzliche Orientierung. Ein kostenloses, unverbindliches Angebot für 30 Tagen Probeliegen klingt natürlich verlockend. Durch die Reduzierung auf ein Produkt entfällt die Qual der Wahl. Die Einstiegshürde ist folglich tiefer. Viele steigen daherauf diese Angebote ein. Für den Anbieter ist dieses Vorgehen sehr interessant. Die Kosten für Ausstellungsflächen, Beratungszeit und aufwändige Produkteschulungen sind minimal und die Produkte, meist Viscomatratzen und Luftbetten, können ohne Einbauaufwand auf jedem Lattenrost eingesetzt werden. Zudem kaufen rund 82% der Kunden das Produkt nach der Probezeit. Neue Matratzen sind logischerweise meistens besser als die alten und der Wechseleffekt verzögert die tatsächliche Wirkung auf einen Körper um Monate.

Fazit: Probeschlafen bietet keinen Schutz vor Fehlkäufen und ist in erster Linie eine Verkaufstaktik. Es kann eine umfassende Beratung mit Einbezug aller möglichen Lösungen nicht ersetzen. Ein Rückgabe- oder Umtauschrecht nach einem gereiften Kaufentscheid gibt mehr Sicherheit.