Irrtum 04:  

 

Die neusten Trends sind

auch für mich das Beste

 

 

"Auf den ersten Blick scheint es verlockend, die schwierige Matratzenwahl nach der Bestnote in einem Testbericht vorzunehmen oder mit dem aktuellen Trend zu gehen. Es kann sich aber rächen, wenn dabei die nötige Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse des Körpers unbeachtet bleiben."

 

"Auch Matratzen-Testsieger passen sich nicht Ihrem Körper an. Suchen Sie Ihren persönlichen Testsieger selber aus."

 

 

 

Trends gab es bei Bettsystemen schon viele. Nach dem Laub-, Stroh- oder Spreuersack war es vor allem das Rosshaar, welches zu Matratzen verarbeitet wurde. Der hohe Preis und die Neigung zur Kuhlenbildung der reinenRosshaarmatratzen führte zu neuen Kombinationen mit Stahlfedern. Sogenannte Federkernmatratzen, welche nur noch einen kleinen Rosshaaranteil benötigten, waren günstiger und blieben länger elastisch. Dicke Unterfederungen mit Stahlfedern für dünne Rosshaarmatratzen waren ebenfalls sehr verbreitet. Auch die Stahlfedern hatten ihre Tücken: bei billigen Konstruktionen oder zu langer Nutzung hing die Liegefläche durch. Viele Mediziner rieten ihren Patienten, ein Brett unter die Matratze zu legen. Durch den Wechseleffekt half dies auch vorübergehend. Mitte der1950er Jahre entwickelte sich vor allem im deutschsprachigen Raum ein Trend zu festerem Liegen mit Holzlattenrosten als Unterfederung. Wenig überraschend ging der nächste Trend in die entgegengesetzte Richtung. Wasser- und Luftbetten und viscoelastische Matratzen kamen auf den Markt. Diese synthetischen Bettinhalte führten wiederum zu einem Gegentrend, den «Naturbetten», die ein angenehmeres Bettklima versprachen. Nun scheint sich der Kreis wieder zu schliessen. Metall in der Matratze wird wieder hingenommen. Federkern von gestern heisst heute Boxspring.

Boxspring: Was ist eigentlich Boxspring genau? Boxspring bedeutet «Kiste mit Federn», womit ein Polster-Bettgestell mit integrierten Stahlfedern als Unterfederung der Matratze gemeint ist. Die Matratze ist meistens ebenfalls mit Stahlfedern unterschiedlichster Bauform bestückt. Wenn die einzelnen Federn in Reihen von Stofftaschen eingenäht sind, spricht man von einem Taschenfederkern. Wenn die Metallfedern eine bauchige Form haben, werden diese als Tonnentaschenfederkernmatratzen bezeichnet. Die Stahlfedern werden oben und unten mit einer Schicht aus Kaltschaum, Rosshaar oder Latex und weiteren Klimaschichten komfortabel abgedeckt. Die Dicke, Unhandlichkeit und das hohe Gewicht solcher Matratzen machen das Wenden oder Wechseln der Bettwäsche zur Herausforderung. Dieser Trend zu hohen Polsterbetten, wie sie in den USA, Kanada und Skandinavien eine lange Tradition haben, ist seit einigen Jahren nun auch im deutschsprachigen Raum wieder da. Aus Skandinavien stammt die Idee, mit einer wenige Zentimeter dicken Matte, einer Topper-Matratze oder kurz Topper genannt, den Schlafkomfort zusätzlich zu verbessern und das Beziehen der Bettwäsche zu vereinfachen. In diesem Fall wird die Matratze oft mit dem gleichen Polsterstoff bezogen wie die darunterliegende Box und nur der Topper mit Bettwäsche bestückt. So sind dann quasi drei Matratzen übereinander angeordnet. Nebst den klassischen Boxspring-Ausführungen mit ausschliesslich Stahlfedern bis hinauf zum Topper mit sogenannten Microsprings wird für die zwei oder drei federnden Elemente eines Boxspringbettes mittlerweile fast jedes Matratzenmaterial verwendet. Mehr noch: es werden alle möglichen Lattenroste und Unterfederungen in Boxspring-Bettmöbel eingebaut, um die trendige Optik und bequeme Höhe zu erreichen. Deshalb sind die Unterschiede bezüglich Preis, Qualität und Liegeergebnis ebenso gross und verwirrend wie beiden anderen Bettsystemen. Liegetechnisch lässt eine Boxspring- oder Taschenfederkernmatratze den Körper ebenso nur gewichtsabhängig mehr oder weniger einsinken wie alle anderen Matratzen. Die Wahl des passenden Produktes, der richtigen Festigkeit und Zonung wird dadurch nicht einfacher. Das Boxspringbett bietet durch die gleichmässigere Federwirkung von Stahlfedern eine gleichbleibende Unterstützung über die gesamte Liegefläche hinweg. Dies wirkt sich bei unterschiedlichen Schlaflagen positiv aus. Dementsprechend brauchen solche Matratzen weniger stark ausgeprägte Festigkeitszonen und gewisse Produkte verzichten gänzlich darauf. Die gleichmässig hohe Federung bringt aber den Nachteil mit sich, dass schwerere Personen oder Menschen mit ungleichmässig verteiltem Gewicht zu stark einsinken. Bei «richtigen» Boxspringbetten liegt ein weiterer Nachteil darin, dass die Unterfederungen normalerweise keine Anpassungen der Festigkeit oder der Stützzonen zulassen. Zum Teil findet man aber auch regulierbare Unterfederungen, bei denen eine Zone wie beispielsweise die Schulter mehr oder weniger tief abgesenkt werden kann. Andere Hersteller bieten sogar Federkernmatratzen mit individuell bestückbaren Federzonenan, die auf Körperbau und Schlaflage abgestimmt werden können.

Matratzen-Testsieger: Wer nicht nach dem Trend gehen möchte, sondern einfach eine gute und preiswerte Matratze sucht, zieht häufig Testberichte von Konsumentenmagazinen zu Rat. Nicht zuletzt, weil es ja sonst keine Vergleichswerte gibt. Möglicherweise haben Sie sich dabei die Gretchenfrage auch schon gestellt: Für wen passt die Testsieger-Matratze denn tatsächlich? Für den Testkörper natürlich. Für das Kriterium Ergonomie wird nämlich ein dem Menschen nachempfundener «Test-Dummy» in Seiten und Rücklage auf die Matratzen gedrückt und die Stützung an wichtigen Stellen des Körpers wie beispielsweise im Kreuzbereich oder bei den Schultern gemessen. Die getesteten Matratzen sind meist mittelfest und stammen alle aus der gleichen Kategorie, z.B. Kaltschaummatratzen. Der Lattenrost wird dabei gar nicht einbezogen, Messungen erfolgen nur auf einer geraden Platte. Der verwendete Testkörper entspricht einem fiktiven Durchschnittsmenschen, womit die Testsieger-Matratze genau für diesen Durchschnittsmenschen die beste wäre. Da aber die wenigsten Menschen diesem Durchschnittstypen entsprechen, kommt es oft vor,dass die «beste Matratze» dem Besitzer nicht die richtigeStützung und Entlastung bringt. Auch die getesteten Matratzen passen sich dem Käufer nämlich nicht an. Der Leser eines Testberichts weiss nach der Lektüre zumindest, dass die teuerste Matratze nicht immer die beste ist, aber diese Erkenntnis hilft ihm auch nicht dabei, sich in der immensen Vielfalt der Bettensysteme zurecht zufinden.

Das einzige Fazit, was sich somit aus Testberichtenziehen lässt, besteht darin, dass viele ähnliche Matratzen zu sehr unterschiedlichen Preisen angeboten werden. Was den potentiellen Kunden verschwiegen wird ist der Preis, den ein Hersteller bezahlen muss, damit seine Matratze überhaupt im Test dabei ist und wieviel es die Firmen zusätzlich kostet, das positive Ergebnis des Tests in der Werbung verwenden zu dürfen.